Eine Personengesellschaft ist nach Erwerb der Mietsache und Eintritt in ein bestehendes Mietverhältnis gem. § 577a Abs. 1a Satz 2 Alt. 1 BGB wegen des Ausspruchs einer Eigenbedarfskündigung ausnahmsweise nicht von der gesetzlichen Kündigungssperre des § 577a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BGB erfasst, wenn sämtliche ihrer Gesellschafter zum Zeitpunkt des Erwerbs derselben Familie angehörten. Dazu zählen auch entfernte Verwandte, jedenfalls bei enger sozialer Bindung (hier Cousins) [mehr]
Das LG Berlin hatte über die Wirksamkeit einer von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zugunsten eines der beiden Mitgesellschafter ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung zu entscheiden.
Die GbR hatte im Jahr 2013 ein Mehrfamilienhaus erworben und wurde im März 2014 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Damit trat sie in die bestehenden Mietverhältnisse ein. Die Wohnungen wurden später in Eigentumswohnungen umgewandelt. Die GbR hatte ursprünglich zwei Gesellschafter, die Cousins waren. Nach dem Tod eines Gesellschafters wurden dessen drei Kinder Gesellschafter der GbR. Im Jahr 2021 kündigte die GbR ein bestehendes Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zugunsten eines Gesellschafters. Sie argumentiert, dass die in §§ 577a Abs. 1a S. 1 Nr. 1, 577a Abs. 2 S. 1 BGB normierte Sperrfrist die Kündigung nicht hindert, da die ursprünglichen Gesellschafter zur gleichen Familie gehörten. Die Mieter widersprechen und argumentieren, dass ein Cousin nicht als "Familie" im Sinne von § 577a Abs. 1a S. 2 BGB betrachtet wird und daher die Kündigung wegen Verstoßes gegen die Sperrfrist ungültig ist.
Das LG Berlin entschied, dass die Kündigungssperre nicht greift, wenn alle Gesellschafter zum Zeitpunkt des Wohnungskaufs zur gleichen Familie gehören, und dass dies auch dann gilt, wenn sie zwar entfernte Verwandte sind, aber in engem sozialen Kontakt stehen. Das Gericht stellt klar, dass der Begriff "Familie" nicht nur auf Familienmitglieder beschränkt ist, denen aufgrund ihres engen Verwandtschaftsgrads ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, sondern auch Familienmitglieder mit enger sozialer Bindung zum Vermieter umfasst. Diese Bindung muss durch objektive Beweise wie die gemeinsame Gründung einer Gesellschaft nachgewiesen werden.
Mit dieser Entscheidung führt das LG Berlin die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zum Familienbegriff fort und lässt auch eine entfernte Verwandtschaft unter der Prämisse der engen sozialen Bindung genügen, um eine Kündigungssperre gem. § 577a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BGB abzulehnen. Explizit nicht entschieden wurde, ob die Ausnahmevorschrift des § 577a Abs. 1a Satz 2 Alt. 1 BGB auch dann Anwendung findet, wenn zwar eine familiäre Beziehung besteht, aber keine enge soziale Bindung vorliegt.
Rufen Sie uns an, schreiben Sie uns eine E-Mail, nutzen Sie unser Kontaktformular.
Wir helfen – sofort!